Willkommensgarten
Willkommensgarten
Gemeinsam buddeln, gärtnern, schlemmen. Sich dreckig machen dürfen. Etwas über sich und seine Umwelt lernen. Sich umeinander kümmern. Dinge wachsen sehen. Dieser Garten ist ein Ort der Begegnung und erfüllt ganz viele Kinderwünsche.
Der Willkommensgarten in Göttingen ist ein etwa 500qm großer Nutzgarten, der auf dem Arial der Flüchtlingsunterkunft liegt. Gegärtnert wird mit den Kindern des Flüchtlingswohnheims sowie beheimateten Kindern aus der Nachbarschaft. Der Garten hat zahlreiche Beete und Hochbeete und ist mit Obstbäumen bepflanzt. Je nach Saison wachsen dort Kartoffeln, Erdbeeren, Mais, Kohlrabi, Salat, Bohnen, Erbsen, Beerensträucher, Kürbisse, Zucchini und zahlreiche Kräuter – insbesondere der Koriander findet in diesen Kulturkreisen eine besondere Würdigung.
Seit 2016 wird hier ein gemeinsames Gärtnern von drei ehrenamtlichen Freundinnen angeboten, darunter die Agraringenieurin und Lehrerin Nina Besecke. Während der Saison treffen sie sich jeden Mittwochnachmittag für zwei bis drei Stunden im Garten und bieten einer Gruppe von etwa 10-12 Kindern im Alter zwischen 2 und 12 Jahren ein verlässliches und spaßiges Naturprogramm an. Die Regelmäßigkeit ist ihnen dabei sehr wichtig. Da sie unter anderem mit geflüchteten, teils traumatisierten Kindern arbeiten, die sich derzeit neu orientieren und eine Heimat suchen, ist es Nina Besecke ein besonderes Anliegen einen verlässlichen, strukturierten Nachmittag anzubieten.
Wie sehen diese Garten-Nachmittage aus? Der ritualisierte Ablauf ist bei den Kindern daher fest verankert: Nach Begrüßung der Kinder wird zunächst eine gemeinsame Inspektion gemacht – Was ist zu tun? Was ist gewachsen? Was muss geerntet werden? Sind Pflanzen von Insekten befallen? Nach anschließender Bereitstellung der Gartengeräte, kann losgegärtnert werden. Gemeinsam wird ausgesät, geerntet, gejätet und sich fürsorglich um die Pflanzen sowie kleinere Gartenbewohner gekümmert: „Wir haben auch eine große Kompostanlage und können dort beispielsweise zeigen, wie aus unseren Gartenabfällen wieder eine schöne Erde wird. Und die Regenwürmer darin sowie die Steinkriecher und Kellerasseln sind bei den Kindern wirklich ungeteilter Gegenstand der Begeisterung.“ Durch diese Naturbegegnungen erfahren die Kinder somit auch etwas über Umweltkunde und den Kreislauf der Natur. „Das Gießen finden viele Kinder auch toll. Das ist immer ganz wunderbar, wenn sämtliche Kannen vollgemacht werden und die ganz Kleinen natürlich auch mal den großen Schlauch halten dürfen und alles unter Wasser setzen. Das sind schöne Sachen. Und wenn die drei Kubikmeter Kompost des Göttinger Kompostwerkes im Frühjahr angeliefert werden, ist das erstmal ein riesiger Haufen, der dann verteilt werden muss. Das ist dann ein großer Buddelplatz.“
Das große Tageshighlight ist für die NachwuchsgärtnerInnen das gemeinsame Essen, zu dem nach getaner Arbeit stets alle zusammenkommen. Gegessen werden dabei natürlich Produkte aus dem eigenen Garten. Meistens gibt es Pellkartoffeln mit Kräuterquark, die die Ehrenamtlichen vorbereiten. Als typisch deutsche Kost, kommen Kartoffeln bei den Kindern inzwischen sehr gut an, erzählt Nina Besecke. Nach Verteilen der Kartoffeln und des Quarks, schwärmen die Kinder aus, um Kräuter zu ernten, um je nach Geschmack ihren kleinen Privatquark anzumischen. Auf das Essen eingestimmt wird sich stets mit einem Lied über – wie soll es anders sein – Pellkartoffeln auf die Melodie von Bruder Jakob. Anschließend steht dem gemeinsamen Schlemmen nichts mehr im Weg: „Beim gemeinsamen Essen schenken die Kinder sich dann auch gegenseitig ein und versorgen sich ein bisschen. Insbesondere die Geschwister achten da sehr aufeinander. Das ist immer rührend.“
Wie ist das Projekt organisiert? Der Willkommensgarten ist jeden Mittwoch fester Bestandteil eines vielfältigen Freizeitangebotes, das die beiden ErzieherInnen der Wohnanlage nachmittags für die etwa 35 Kinder der Flüchtlingsunterkunft anbieten. Er ist ein Projekt des Vereins Internationale Gärten Göttingen e.V., der auch einen Teil der Sachmittel – wie zum Beispiel die Pflanzen, das Gartenzubehör oder den Kompost – finanziert. Während der Betreiber der Wohnanlage zudem gelegentlich kleinere laufende Ausgaben bezuschusst, finanziert das ehrenamtliche Team die Bewirtung der Kinder bei den regelmäßigen gemeinsamen Essen in der Regel privat.
Partner des Willkommensgartens ist das Regionale Umweltbildungszentrum Reinhausen, das jährlich die einjährigen Sommerblumen zur Verfügung stellt und Schul- und Kindergartenprojekte anbietet. Das dort erlangte Wissen können die Kinder dann direkt im Willkommensgarten anwenden und weitergeben. „Eine gewisse Ernährungserziehung leisten wir beim Willkommensgarten auch. Wir zeigen den Kindern, was in Deutschland wächst und wo unser Essen herkommt. Es ist toll zu beobachten, wie die Kinder wirklich eine Kompetenz und ein Fachwissen entwickeln und damit ja auch eine Begeisterung und eine Wertschätzung der Natur.“ Einige der Kinder, so erzählt Nina Besecke, sind inzwischen weggezogen oder kommen nur noch gelegentlich vorbei, fünf bis sechs Kinder sind jedoch bereits von klein auf dabei, sodass sie sie schon über vier Jahre begleitet. Besonders schön findet sie zu sehen, wie sie sich immer mehr zu Hause fühlen und sich zu richtigen Garten-Experten entwickeln.
Für wen ist der Willkommensgarten? Zielgruppe des Projektes sind nicht nur die in der Flüchtlingsunterkunft wohnenden Kinder, sondern eigentlich auch die Eltern sowie beheimatete Kinder aus der Nachbarschaft, die das Team stets zu integrieren und begeistern versucht. Die Elternpartizipation gestaltet sich jedoch als Herausforderung. Obwohl die Eltern bereits verschiedentlich eingeladen und Feste organisiert wurden, nehmen diese nur sehr sporadisch teil und zeigen teils wenig Interesse, was ihre Kinder dort am Nachmittag tun. Auch wünscht sich das Team eine größere Beteiligung beheimateter Kinder und der Nachbarschaft im Allgemeinen: „Es wäre wirklich schön, wenn da noch mehr interkulturelle Begegnungen zustande kämen. Natürlich sind diese auch durch uns deutsche Ehrenamtliche gegeben, aber wünschenswert wäre, wenn noch mehr Gleichaltrige kämen.“
Sprachbarrieren, so erklärt Nina Besecke, gibt es anfangs natürlich manchmal, jedoch stellen diese insbesondere bei Kindern keinerlei Problem dar. Zum einen sprechen sie durch Schule und Kindergarten sehr schnell Deutsch, zum anderen bietet sich das gemeinsame Gärtnern sehr gut an, um anfängliche sprachliche Hürden durch das gemeinsame Tun, Vormachen und Zeigen zu überbrücken.
Auch in den nun anstehenden Wintermonaten möchten Nina Besecke und ihr Team die regelmäßigen Treffen beibehalten. Einmal monatlich wollen sie sich treffen, um die Anlage instand zu halten und sich auszutauschen. Darüber hinaus ist ein gemeinsames Keksebacken geplant. Angesichts der winterlichen Temperaturen bieten sich dazu frischer Pfefferminztee mit Salbei oder Zitronenmelisse an – natürlich aus dem eigenen Garten. Für die neue Saison wünscht sich Nina Besecke, dass noch mehr einheimische Kinder Lust haben mitzumachen und sich zu kleinen oder großen Gärtner-Profis zu entwickeln.
Kontakt:
Nina Besecke, Willkommensgarten, nils.u@t-online.de
Monika Gottschlich, Internationale Gärten e.V. Göttingen, info@internationale-gaerten.de
Für weitere Informationen über den Willkommensgarten besuchen Sie gerne die Website der Internationalen Gärten Göttingen e.V. oder folgen Sie dem Verein auf Facebook.