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Arbeitshilfe zur Beantragung der Kostenübernahmen von Therapie mit minderjährigen Geflüchteten und jungen Volljährigen

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Foto von Unsplash (CC0 Public Domain)

Für die Beantragung von Therapien für Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund gelten gegenüber der Beantragung von Therapien für erwachsene Geflüchtete einige Besonderheiten. Es ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um Kinder und Jugendliche handelt, die unbegleitet[1] oder in Begleitung der Eltern oder einer anderen erziehungs- insbesondere sorgeberechtigten Person eingereist sind.

Gemeinsam mit dem Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. hat die BAfF die Arbeitshilfe zur Beantragung der Kostenübernahmen von Therapie mit minderjährigen Geflüchteten und jungen Volljährigen erstellt:

 

1.    Therapie für unbegleitete Kinder und Jugendliche

Sobald die unbegleitete[2] Einreise eines ausländischen Kindes oder eines/einer JugendlicheR festgestellt wird, ist das Jugendamt an dessen tatsächlichen Aufenthalt berechtigt und verpflichtet das Kind oder den/die JugendlicheN vorläufig in Obhut zu nehmen.[3] Dabei wird anhand verschiedener Kriterien geprüft, ob eine Verteilung[4] innerhalb von Deutschland in Betracht kommt. [5]

Die vorläufige Inobhutnahme endet mit der Übergabe an die Personensorgeberechtigten, durch Übergabe an das aufgrund der Verteilentscheidung zuständig gewordene Jugendamt, oder mit der Anzeige über den Ausschluss der Verteilung (§ 42a Abs. 6 SGB VIII).[6] Ist die Verteilung ausgeschlossen, bleibt das Jugendamt am tatsächlichen Aufenthalt örtlich zuständig und geht die Maßnahme über in eine reguläre Inobhutnahme über.

Wenn das Kind oder der / die Jugendliche an das zuständige Jugendamt übergeben wird, dann schließt sich an die vorläufige Inobhutnahme die reguläre Inobhutnahme an.[7]

Das zuständige Jugendamt ermittelt im Rahmen der regulären Inobhutnahme die Situation des betroffenen Kindes oder Jugendlichen und die mit Blick auf die (pädagogische) Anschlussversorgung erforderlichen und geeigneten Maßnahmen (sog. Clearingverfahren). Gleichzeitig muss das Jugendamt bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen unverzüglich die Bestellung eines rechtlichen Vertreters – in der Regel ein/e VormundIn – beim Familiengericht veranlassen. Dieses unterstützt und berät den/die VormundIn im Hinblick auf die geeignete Unterstützungsform, die dieseR entweder in eigenem Namen oder im Namen seines/ihres Mündels beantragt. Je nach Bedarf kann das Jugendamt die geeigneten Leistungen gewähren. Dabei geht es in diesen Fällen primär  um die sog. Hilfe zur Erziehung[8] oder die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in vergleichbaren Formen[9]. Werden im Anschluss an die reguläre Inobhutnahme Hilfen geleistet, sowohl ambulante als auch stationäre, so endet die Inobhutnahme, wenn eine tatsächliche Überleitung in die  andere Hilfeform tatsächlich erfolgt ist. [10] Unter anderen Hilfeformen sind dabei nicht nur die Hilfen nach dem SGB VIII gemeint, sondern auch die Eingliederungshilfe nach SGB XII oder die stationäre Krankenbehandlung nach dem SGB V.[11]

Endet die Inobhutnahme wegen der Volljährigkeit des/der Betroffenen, so kann diese/r bei Bedarf selbst Hilfe für junge Volljährige[12] beantragen.

 

Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme[13], der regulären Inobhutnahme[14], im Rahmen von stationären Anschlussmaßnahmen[15] sowie bei der Gewährung von Hilfe für junge Volljährige[16] die Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Zur Erfüllung dieser Pflicht gewährt das Jugendamt in diesen Fällen Krankenhilfe gem. § 40 SGB VIII.[17] Dabei hat die Krankenhilfe nach § 40 SGB VIII den Bedarf in voller Höhe zu befriedigen. Erfasst vom Leistungsumfang sind deshalb auch die Kosten für die Psychotherapie, falls ein dahingehender Bedarf festgestellt wird.[18]

Zur verbesserten Abwicklung und zur Vereinfachung der Verwaltung werden die nicht krankenversicherte Kinder und Jugendliche auftragsgemäß durch eine gesetzliche Krankenkasse betreut.[19] Dadurch entsteht zwar keine echte Mitgliedschaft bei der Krankenversicherung, aber die Kinder und Jugendlichen erhalten eine elektronische Gesundheitskarte mit der Statusbezeichnung „Mitglied“.[20] Auch der Umfang der zu gewährenden Leistungen bestimmt sich nach dem Krankenkassengesetz und entspricht dem Leistungsanspruch anderer gesetzlich Krankenversicherter.[21]

Die Kosten der Krankenbehandlung übernimmt zunächst die Krankenkasse. Der eigentliche Kostenträger ist aber das Jugendamt, weshalb dieses, erstattet dieses vierteljährlich der Krankenkasse die gesamten Behandlungskosten zuzüglich einer Verwaltungspauschale erstattet. [22]

 

a.     Psychotherapie als Heilbehandlung

Da sich der Umfang der Gesundheitsleistungen nach dem Krankenkassengesetz (SGB V) richtet, haben die Kinder und Jugendlichen neben dem allgemeinen Anspruch auf ärztliche und zahnärztliche Behandlung auch einen Anspruch auf eine Psychotherapie.[23] Eine Psychotherapie kann bei Vorliegen einer seelischen Krankheit in Anspruch genommen werden.

Der Start in die Psychotherapie beginnt mit „Probesitzungen“, den sogenannten probatorischen Sitzungen. Mit der Gesundheitskarte können bis zu fünf probatorische Sitzungen sowie eine Sitzung für die Biographische Anamnese in Anspruch genommen werden.[24] Danach muss die Therapie dann bei der zuständigen Krankenkasse beantragt werden. [25]

Beachte: Mit der Änderung der Psychotherapie-Richtlinie zum 01.04.2017 wird sich der Zugang in die Psychotherapie ändern: vor den probatorischen Sitzungen müssen PatientInnen künftig zunächst eine Psychotherapeutische Sprechstunde aufsuchen, die von niedergelassenen PsychotherapeutInnen angeboten werden müssen. In der Sprechstunden wird geklärt, ob eine psychische Krankheit vorliegt und ob eine Psychotherapie nach Psychotherapie-Richtlinie benötigt wird.[26] Die weitere Behandlung muss jedoch nicht bei dem/der PsychotherapeutIn erfolgen, wo der/die PatientIn vorstellig war.

Nur wenn PatientInnen auf Grund einer psychischen Erkrankung aus einer stationären Behandlung entlassen werden, können die probatorischen Sitzungen ohne Sprechstunde beginnen.[27] Ab Änderung der Richtlinie können Kinder und Jugendliche bis zu 6 probatorische Sitzungen in Anspruch nehmen.[28]

 

Kosten für Sprachmittlung können vom Jugendamt übernommen werden

Etwaig Begrenzungen der Leistungshöhe, die sich auf dem Krankenkassengesetz ergeben könnten, gelten für die Kinder- und Jugendhilfe nicht.[29] § 40 S. 2 SGB VIII sieht vor, dass die Krankenhilfe iSd SGB VIII den im Einzelfall notwendigen Bedarf in voller Höhe befriedigen muss und das Jugendamt auch Kosten tragen muss, die über das hinausgehen, was durch das Krankenkassengesetz gewährt wird. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass auch die Übernahme von Sprachmittlungskosten davon erfasst wird,  wenn und soweit der Anspruch auf Krankenhilfe ohne sprachliche Hilfestellung nicht erfüllt werden kann.[30]

 

Voraussetzung für die Abrechnung der Psychotherapie mit den Gesetzlichen Krankenkassen

Wichtig ist der Hinweis, dass diese Therapie i.d.R. nur von PsychotherapeutInnen durchgeführt werden kann, die über einen Kassensitz verfügen. Dies folgt daraus, dass sich der Leistungsumfang nach dem Krankenkassengesetzt richtet und somit die dort genannten Voraussetzungen anzuwenden sind. Wenn trotz nachgewiesener Bemühungen kein Therapieplatz bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten/einer niedergelassenen Psychotherapeutin gefunden werden kann, kann alternativ eine Therapie über das Kostenerstattungsverfahren[31] auch bei einem Therapeuten/einer Therapeutin ohne Kassensitz beantragt werden. Voraussetzung ist allerdings die Approbation in einem Richtlinienverfahren.[32]

 

Therapie mit der Ermächtigung gem. § 31 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV

Da  die Behandlungskapazitäten für Geflüchtete in der Gesundheitsregelversorgung extrem eingeschränkt sind  wurde für die Behandlung von Geflüchteten, die Leistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, eine rechtliche Verbesserung eingeführt. Im Oktober 2015 wurde die Ärzte-Zulassungsverordnung dahingehend geändert, dass sich TherapeutInnen,die über keine Krankenkassenzulassung verfügen, zur Behandlung von BezieherInnen von Leistungen nach § 2 AsylbLG ermächtigen lassen können. [33]

In der Norm selber ist die Behandlung mit der Ermächtigung von Kindern und Jugendlichen, die Krankenhilfe nach dem SGB VIII erhalten, nicht vorgesehen. Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass – aufgrund dem Sinn und Zweck der Norm und der ähnlich gelagerten Voraussetzungen – auch Therapien zur Behandlung von Kinder und Jugendlichen, die Krankenhilfe nach dem SGB VIII erhalten, häufig bewilligt werden.

 

b.     Therapie als Unterstützung im Rahmen der Hilfe zur Erziehung

Werden Hilfen zur Erziehung gewährt, dann sind wesentlicher Bestandteil dieser Hilfe pädagogische und damit verbundene therapeutische Leistungen.[34] Der Einsatz von Therapien wird durch die primär pädagogische Zielsetzung, nämlich die Förderung der Entwicklung und der Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit bestimmt.[35] Der pädagogische Prozess soll durch therapeutische Leistungen unterstützt und gefördert werden. Die Behandlung erfolgt unter Einbezug des engeren sozialen Umfelds des Kindes oder des/der Jugendlichen (familiäres System, Schule, etc.). Für diese therapeutische Arbeit werden entsprechende Fachleistungsstunden gewährt: i.d.R. 40 Stunden für die rein therapeutische KlientInnenarbeit, 45 Stunden für die Arbeit am bzw. im weiteren System (Beratungsarbeit, Einbindung von Bezugspersonen wie LehrerInnen, ErzieherInnen, Familienangehörige, Kooperationsgespräche mit dem Jugendamt, Dokumentation, Supervision/Intervision, etc.).

Neben psychotherapeutischen Leistungen kommen auch andere therapeutische Leistungen in Betracht, wie zum Beispiel Kunst- oder Beschäftigungstherapie.[36]

Diese Therapien können auch von Personen durchgeführt werden, die nicht zur Ausübung von Heilkunde befugt sind und deshalb auch keiner Zulassung als PsychotherapeutIn oder als Kinder- und JugendpsychotherapeutIn nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) bedürfen.[37]

 

Hinweis: Ist der erzieherische Bedarf nicht gegeben und reicht eine psychotherapeutische Behandlung als Krankenbehandlung aus, so kommen therapeutische Leistungen nach § 27 SGB VIII nicht in Betracht.[38] Die Therapie muss in diesem Fall bei der Krankenkasse beantragt werden.

 

Für die Praxis: Die Kostenübernahme für eine Psychotherapie als Teil einer Jugendhilfemaßnahme wird durch den/dieVormundIn beim Jugendamt beantragt. Zusätzlich ist die Vorstellung bei einem gutachterlich zuständigen Fachdienst erforderlich. Der gutachterlich zuständige Fachdienst beauftragt den/die TherapeutIn mit der Durchführung von bis zu fünf Probestunden.[39]

Im Fall der Vereinbarung zur Aufnahme der Psychotherapie erstellt der TherapeutIn einen psychologischen Bericht und einen Kostenplan, der an den gutachterlich zuständigen Fachdienst gerichtet wird. Der Fachdienst sendet dem Jugendamt eine gutachterliche Stellungnahme zur Notwendigkeit und Zielsetzung sowie zum Umfang der therapeutischen Maßnahme zu und fügt den Kostenplan des/der TherapeutIn bei.[40] Durch das Jugendamt wird zusammen mit dem / der Minderjährigen und dem/der TherapeutIn der Hilfeplan erstellt. Erst nach Zusage der Kostenübernahme kann die Therapie begonnen werden.

 

Kosten für Sprachmittlung können vom Jugendamt übernommen werden

In der Praxis von hoher Relevanz ist bei der Arbeit mit Geflüchteten die Frage der Übernahme der Sprachmittlungskosten. Eine eindeutige Rechtsgrundlage für die Übernahme der Kosten im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe ist nicht gegeben. Allerdings lässt sich die Pflicht der Jugendämter zur Tragung der Kosten aus § 27 SGB VIII ableiten.

  • 27 Abs. 1 SGB VIII sieht vor, dass Hilfe zur Erziehung dann gewährt wird, wenn diese Hilfe für die Entwicklung des Kindes oder des/der Jugendlichen geeignet und notwendig ist. Wenn die konkrete in Betracht zu ziehende Hilfe zur Erziehung erst durch Einschaltung von Sprachmittlung zu einer geeigneten Hilfe wird, dann umfasst der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung auch einen Anspruch auf Sprachmittlung.[41]

 

 

c.      Therapie als Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und
Jugendliche gem. § 35 a SGB VIII

Kinder und Jugendliche, die seelisch behindert oder von einer Behinderung bedroht sind, haben einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII.[42] Eingliederungshilfe kann auch medizinische Rehabilitation und somit auch eine Psychotherapie[43] umfassen, wenn eine medizinische Heilbehandlung nicht zum individuellen Rehabilitationsziel führt.

Auch in diesem Fall wird die Durchführung der Therapie durch das Jugendamt in Absprache mit dem gutachterlich zuständigen Fachdienst in Auftrag gegeben. [44]

 

 

2.    Therapie für unbegleitete junge volljährige Geflüchtete

Die Bestimmungen des SGB VIII können auch über den 18. Geburtstag hinaus Anwendung finden. Bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres sollen Hilfen für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn dies aufgrund der individuellen Situation notwendig ist.[45] In begründeten Einzelfällen soll die Hilfe für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden.[46]

Auch für geflüchtete junge Volljährige können Psychotherapien sowohl als Heilbehandlungen[47] durchgeführt[48] als auch im Rahmen der Hilfe zur Erziehung zur Unterstützungsleistung[49] gewährt werden.

Werden keine Hilfen mehr für geflüchtete junge Volljährige gewährt, was bis zum 21. Lebensjahr die gesetzliche  Ausnahme darstellt, greift das Leistungssystem für Erwachsene.[50]


3.    Therapie für begleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche

 

a.     Innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthaltes, Eingeschränkte Gesundheitsversorgung gem. § 4 und 6 AsylbLG

Minderjährige, die in Begleitung einer sorgerechtsberechtigten Person einreisen, fallen unter das Asylbewerberleistungsgesetz[51]. Für die Inanspruchnahme einer Psychotherapie gelten für sie innerhalb der ersten 15 Monate dieselben Bestimmungen, wie für ihre Eltern, also §§ 4 und 6 AsylbLG.[52] Der Anspruch auf gesundheitliche Versorgung besteht nur sehr eingeschränkt, denn Behandlung können grundsätzlich nur durchgeführt werden, wenn akute Erkrankungen und Schmerzzustände vorliegen. Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Demzufolge besteht kein Anspruch auf die Behandlung durch eine Psychotherapie, die Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die von dem/der jeweiligen SachbearbeiterIn des Sozialamtes getroffen wird.

Ausnahmen in Bezug auf die Ermessensentscheidung liegen dann vor, wenn es sich bei dem/der Betroffenen um eine/n GeflüchteteN handelt, die dem Personenkreis der besonders Schutzbedürftigen zuzuordnen ist. Hierzu gehören auch Minderjährige und unbegleitete Minderjährige Geflüchtete.[53] Der Ermessensspielraum ist in diesem Fall auf Null reduziert.[54] Dies bedeutet, dass bei Vorliegen einer behandlungsbedürftigen seelischen Störung die Behörden die Psychotherapie bewilligen müssen.[55]

In den meisten Teilen von Deutschland erhalten die Personen keine elektronische Gesundheitskarte[56], sondern nur grüne Behandlungsscheine, über die die ÄrztInnen Kosten mit dem Sozialamt abrechnen.[57] Auch die Abrechnung von Probatorischen Sitzungen kann grundsätzlich über die grünen Behandlungsscheine erfolgen,[58] wird aber in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.

Die Durchführung einer  Psychotherapie und auch die entstehenden Kosten der Sprachmittlung müssen beim  Sozialamt beantragt werden.

Während des Bezuges der eingeschränkten Leistungen können Psychotherapien durch approbierte Psychologische PsychotherapeutInnen sowie Kinder- und JugendtherapeutInnen durchgeführt werden, die über keine Kassenzulassung verfügen. Das ist deshalb der Fall, da die Regelungen des Krankenkassengesetzes hier keine Anwendung finden.

 

b.     Änderung des Leistungsbezuges nach 15 Monaten auf Leistungen nach § 2 AsylbLG

Ändert sich der Leistungsbezug mindestens eines Elternteils nach 15 Monaten Aufenthalts und erhält dieser Leistungen nach § 2 AsylbLG, erhält auch der/die Minderjährige  Sozialleistungen  nach § 2 AsylbLG. Dadurch erhöht sich der Leistungsanspruch und die Familie erhält nun Geldleistungen, wie sie SozialhilfeempfängerInnen erhalten. Damit einher geht auch eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Die Kinder und Jugendlichen erhalten nun überall eine elektronische Gesundheitskarte.[59]  Eine Therapie kann in der Regel nur von approbierten Therapeutinnen und Therapeuten mit einem Kassensitz durchgeführt werden. Wenn trotz nachgewiesener Bemühungen kein Therapieplatz bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten/einer niedergelassenen Psychotherapeutin gefunden werden kann, kann auch hier alternativ eine Therapie über das Kostenerstattungsverfahren[60] auch bei einem/einer TherapeutIn ohne Kassensitz beantragt werden.

Wurde eine Ermächtigung gem. § 31 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV[61] erteilt, kann diese Personengruppe über die Ermächtigung therapiert und abgerechnet werden.

 

Kosten für Sprachmittlung können vom Sozialamt übernommen werden

Die Kostenübernahme für die Sprachmittlung kann vom Sozialamt[62] übernommen werden. Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass die Bearbeitung sehr lange dauert und nicht wenige Fälle abgelehnt werden.[63]

 

c.      Begleitete Kinder und Jugendlich ein der stationären Jugendhilfe

Befinden sich begleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche in einem Heim oder in einer sonstigen betreuten Wohnform[64] getrennt von ihren Eltern, erhalten auch sie eine elektronische Gesundheitskarte.[65]

Für die Durchführung einer Therapie als Heilbehandlung, aber auch als unterstützende Maßnahme im Rahmen der Hilfe zur Erziehung[66] gelten dieselben Voraussetzungen wie für unbegleitete Kinder und Jugendliche.

 

 

Kontakt:

Für Fragen und Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung.

Senden Sie diese bitte an die Autorinnen

 

Nerea González Méndez de Vigo (n.gonzalez@b-umf.de)

Silvia Schriefers (silvia.schriefers@baff-zentren.org)

Nina Hager (nina.hager@baff-zentren.org).

 

Fußnoten

[1] Für die sog. begleiteten Unbegleiteten gilt insoweit die gleichen Bestimmungen wie für  die Unbegleiteten.

[2] Zum Begriff begleitet/unbegleitet Nerea González Méndez de Vigo, Handbuch umF, S. 20.

[3] § 42 a Abs. 1 SGB VIII.

[4] § 42 a Abs. 2 SGB VIII.

[5] B-UMF, Vorläufige Inobhutnahme – Was ändert sich zum 01.11.2015?, http://www.b-umf.de/images/ablauf-vorl.-inobhutnahme.pdf. (letzter Abruf: 27.02.2017)

[6]§ 42 a Abs. 6 SGB VIII; B-UMF, Vorläufige Inobhutnahme – Was ändert sich zum 01.11.2015?, S. 3. Insg. Nerea González Méndez de Vigo, Handbuch umF, S. 20.

[7] Ist ein ausländisches Kind oder Jugendliche/Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland gekommen und halten sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland auf, so ist das Kind oder der / die Jugendliche in Obhut zunehmen gem. § 42 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII.

[8] Gem. § 27 i.V.m. §§ 33 bis 35 SGB VIII; darunter fallen Vollzeitpflege, Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen sowie intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung. 

[9] § 35 a Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB VIII.

[10] So Meysen/Schindler, JAmt 2004, 462 zur Vermeidung rechtsfreier Zeiträume.

[11] Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015,  § 42 Rn. 53.

[12] § 41 Abs. 2 SGB VIII.

[13] § 42 a Abs.1 iVm § 42 Abs. 2 S. 3 SGB VIII.

[14]  § 42 Abs. 2 S. 3 SGB VIII.

[15] § 13, §§ 33 – 35a SGB VIII.

[16] In Form von §§ 33 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 3 oder 4.

[17] Insgesamt zur Krankenversorgung von umF siehe BumF, FAQ’s, Wie wird die Krankenversorgung von jungen Flüchtlingen im Rahmen der Jugendhilfe sichergestellt? Abrufbar unter www.bumf.de (letzter Abruf: 27.02.2017)

[18] Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, aaO, § 40 Rn. 7 ff.

[19] § 264 Abs. 2 SGB V.

[20] § 264 Abs. 4 SGB V. Die elektronische Gesundheitskarte enthält die Ziffer 4 (vgl. KBV, Praxissoftware: Neuerungen und Informationen zum ersten Quartal 2016, Dezember 2015, S. 2). 

[21] § 264 Abs. 4 iVm § 11 SGB V. Zwar verweist § 40 Abs. 1 2. HS SGB VIII für den Leistungsumfang auf §§ 47 bis 52 SGB XII. Allerdings verweist § 48 S. 2 SGB XII weiter zu § 264 SGB V.

[22] § 264 Abs. 7 SGB V , BumF, FAQ’s, Wie wird die Krankenversorgung von jungen Flüchtlingen im Rahmen der Jugendhilfe sichergestellt? Abrufbar unter www.bumf.de (letzter Abruf: 27.02.2017)

 

[23] § 11 Abs. 1 Nr. 4 iVm § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.

[24] § 92 Abs. 1 , 6 a SGB V iVm § 12 der Psychotherapie-Richtlinie des G-BA.

[25] § 92 Abs. 1 SGB V iVm § 33 der Psychotherapie-Richtlinie des G-BA.

[26] Diese Regelung wird ab dem 31.03.2018 Anwendung finden (vgl. § 11 Abs. 1 S. 4 der Psychotherapie-Richtlinie des G-BA n.F).

[27] vgl. Reform der Psychotherapie-Richtlinie: Details der Änderungen ab 1. April 2017, Kassenärztliche Bundesvereinigung, www.kbv.de  (letzter Abruf: 27.02.2017).

[28] § 12 Abs. 3 S. 2 Psychotherapeuten-Richtlinie des G-BA  n.F.

[29] Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, aaO, § 40, Rn. 7.

[30] Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, aaO, § 40, Rn. 7 a.

[31] § 13 Abs. 3 SGB V.

[32] Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, psychoanalytische Psychotherapie und Verhaltenstherapie.

[33] § 31 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV. Ausführliche Informationen dazu: BAfF, Mehr Behandlungskapazitäten durch Ermächtigung zur therapeutischen Behandlung? Abrufbar unter www.baff-zentren.org (letzter Abruf: 27.02.2017).

[34] § 27 Abs. 3 S. 1 SGB VIII.

[35] Schmid-Obkirchner, in: Wiesener, SGB VIII, aaO, § 27, Rn. 32.

[36] Schmid-Obkirchner, in: Wiesener, SGB VIII, aaO, § 27, Rn. 32.

[37] Schmid-Obkirchner, in: Wiesener, SGB VIII, aaO, § 27, Rn. 33.

[38] Schmid-Obkirchner, in: Wiesener, SGB VIII, aaO, § 27, Rn. 33.

[39] Kunst Musik Räume Praxis für Psychotherapie, (Eltern-)Information über allgemeine Grundlagen der Psychotherapie für Kinder und Jugendliche als Hilfe zur Erziehung bzw. Eingliederungshilfe, www.kunstmusikraeume.de / Psychotherapie KJHG.(letzter Abruf: 27.02.2017)

[40] Kunst Musik Räume Praxis für Psychotherapie, aaO.

[41] Deutsches Rotes Kreuz (Hrsg), Sprachmittlung als Teil der Leistungen in der Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsexpertise von Prof. Dr. Münder, 2016, S. 28.

[42] § 35 a Abs. 1 SGB VIII.

[43] § 35 a Abs. 3 SGB VIII iVm § 53 Abs. 4. S. 1 SGB XII iVm § 26 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX.

[44] Kunst Musik Räume Praxis für Psychotherapie, aaO.

[45] § 41 Abs. 1 S. 1 SGB VIII.

[46] § 41 Abs. 1 S. 2, 2.HS SGB VIII.

[47] §§ 41 Abs. 2, 40 SGB VIII iVm § 264 Abs. 2, 4, §§ 11, 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.

[48] Siehe oben unter I. a).

[49] §§ 41 Abs. 2, 27 Abs. 3 SGB VIII.

[50] Vgl. hierzu: BAfF, Arbeitshilfe zur Beantragung von Psychotherapien, 2017. 

[51] § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG.

[52] Vgl. hierzu ausführlich: BAfF, Arbeitshilfe zur Beantragung von Psychotherapie, 2017.

[53] Art. 21 RL 2013/33/EU (sog. Aufnahmerichtlinie).

[54] Vgl. BT-Drs. 18/9009, S. 3.

[55] Art. 19 Abs. 2 iVm Art. 21, 22 RL 2013/33/EU.

[56] § 264 Abs. 1 SGB V.

[57] Eine elektronische Gesundheitskarte während des Bezuges von Gesundheitsleistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG erhalten derzeit Geflüchtete in Hamburg, Bremen, Berlin und Schleswig Holstein flächendeckend. Weitere Informationen: Einführung der Gesundheitskarte für Asylsuchende und Flüchtlinge, Bertelsmann-Stiftung, Stand: Mai 2016.

[58] Kassenärztliche Vereinigung Berlin, Informationen für die Praxis, Thema: Medizinische Versorgung Asylsuchender, Stand: Oktober 2016.

[59] § 264 Abs. 2 SGB V.

[60] Siehe oben.

[61] Eine Arbeitshilfe zur Beantragung von Ermächtigungen abrufbar unter  www.baff-zentren.org (letzter Abruf: 27.02.2017). 

[62] § 73 SGB XII.

[63] BAfF, Versorgungsbericht zur psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen und Folteropfer in Deutschland, 3. Aktualisierte Auflage, 2017, S. 81. Abzurufen unter www-www.baff-zentren.org (letzter Abruf: 27.02.2017).

[64] § 34 SGB VIII.

[65] § 40 SGB VIII iVm § 264 Abs. 2, Abs. 4, § 11, § 27 Abs. 1 SGB V.

[66] § 27 Abs. 2, Abs. 3 SGB VIII.